Ich flog über Felsen. Unter mir konnte man von dem Abgrund nicht viel sehen, da er total vernebelt war. Ich steuerte auf eine Höhle in einem Felsen zu. Ein tiefes beängstigendes Grollen kam heraus. Doch ich hatte keine Angst. Im Gegenteil. Die Höhle zog mich magisch an. Immer näher kam ich, das Grollen wurde immer lauter. Als ich zum Landen ansetzte und die Höhle betreten wollte, wachte ich auf. Nur ein Traum. Diesen Traum hatte ich fast jede Nacht und immer endete er an derselben Stelle. Mich würde interessieren, was er zu bedeuten hatte.
Ich warf einen Blick auf den Radiowecker. 7:00, Donnerstag. Entsetzt sprang ich aus dem Bett. »Ich komme schon wieder zu spät!«, rief ich panisch und zog mir rasch die Arbeitskleidung an. Hektisch flitzte ich in die Küche, schnappte mir ein Stück Brot und die Jacke. Im Flur sperrte ich die Wohnungstür ab und zog mir im Laufen die Jacke an. Nachdem ich den Lift gerufen hatte, wartete ich und biss vom Brot ab. »Mach schon!«, murmelte ich ungeduldig. Ich lief sicher keine Stufen hinab, wenn ich im 42. Stock wohne! Endlich erschien der Lift. Ohne aufzupassen rannte ich in die Kabine und lief eine alte Frau über den Haufen. Verärgert stand sie auf und motzte mich an: »Kannst du nicht aufpassen?! So eine Unverschämtheit!« Energisch ging sie um die Ecke zu ihrer Wohnungstür. Ich erkannte die alte Frau wieder. Es war meine miesepetrige Nachbarin. Ich hatte sie öfters in beim Einkaufen im Supermarkt gesehen. Sie kaufte immer eine Menge Fleisch.
Ich drücke auf die Taste zum Erdgeschoss. Langsam schlossen sich die Lifttüren. Der Aufzug setzte sich surrend in Bewegung. Im Erdgeschoss angekommen, hetzte ich auf die Straße und erwischte bei der Busstation gerade noch den Bus. Er war nicht sehr voll und ich bekam einen Sitzplatz. Ein Blick auf die Uhr ließ mich ein wenig aufatmen. 7:10. um 7:30 musste ich im Schuhladen sein. Wenn alles glatt lief, würde ich nur um ein paar Minuten zu spät kommen. Während ich die vorbeiziehende Landschaft betrachtete, spielte sich der Traum in meinem Kopf ab. Seit Monaten hatte ich diesen Traum. Nicht jede Nacht, aber alle paar Tage. Mittlerweile machte ich mir kaum Gedanken darüber. Aber auf der anderen Seite machte mich dieser Traum wahnsinnig. Ich wollte ein normales Leben führen und meine Vergangenheit hinter mich lassen. Die schnarrende Ansage der Station riss mich aus meinen Gedanken. Ich war da. Schnell trat ich aus dem Bus ins freie und überquerte die Straße, wo sich der Schuhladen befand.
tbc: Der Schuhladen in San Francisco
